Transparenz und Datenschutz sind essentiell für Demokratie und gegen Machtanhäufung.

Wir Piraten wollen den „gläsernen Abgeordneten“.

(Siehe Pressemitteilung, Selbstverpflichtung, Positionspapier, LQFB-Initiative)

Aufgrund seiner Macht, Gesetze zu machen und über Gesetze zu entscheiden, die viele Menschen betreffen, sollte jeder Abgeordnete alle seine Nebeneinkünfte (bzw. in einigen Fällen, zum Beispiel bei Kanzlerkandidat und Mitglied des Bundestages Steinbrück (SPD), sind es wohl leider eher seine Haupteinkünfte von Unternehmen und Banken; siehe meinen Tweet und die Artikel von Welt und Tagesschau) und alle seine Vernetzungen zwischen Politik, Wirtschaft, Lobby-Agenturen, Stiftungen, Verbänden, Organisationen und Medien als gesetzliche Pflicht für die Öffentlichkeit offenlegen müssen. Dabei ist nicht nur die Höhe der Betrage offenzulegen, sondern auch von wem sie kommen. Das ist Transparenz und gut für die Demokratie.

Das Zitat des Kanzlerkandidaten Steinbrück (SPD) „Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt“ ist unerhört und empörend.

(Siehe Dradio-Interview mit Steinbrück, 6. Oktober 2012.)

In Diktaturen sind immer nur die Unterdrückten gläsern, nie aber die Herrschenden. Denn den Herrschenden ist sehr wohl bewusst: Wissen bedeutet Macht. Ihr Wissensvorsprung und Informationsvorsprung verhindert, dass sie gestürzt und durch eine Demokratie ersetzt werden; oder in Demokratien, dass die Machtanhäufung und Machtungleichheit verkleinert wird. Es ist besonders unverschämt und beleidigend, wenn jemand, der mehr Macht innehat als der Großteil der Bevölkerung (Steinbrück), die berechtigte Forderung nach mehr Transparenz, also weniger Machtgefälle, mit der Forderung nach dem Gegenteil, nämlich Diktatur, gleichsetzt. Nicht nur die SPD, sondern auch und vor allem die FDP, CDU und CSU blockierten bisher die Verbesserung von Transparenz von Nebeneinkünften bei Abgeordneten. Auch die Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption ist in Deutschland leider noch nicht erfolgt; praktisch alle anderen Länder weltweit taten dies bereits. Die Verringerung des Wissensvorsprungs von etablierten Machtstrukturen muss zusätzlich zu der essentiellen Offenlegung von politischer Einflussnahme und von Netzwerken aus Politik, Wirtschaft, Lobby-Agenturen, Stiftungen, Verbänden, Organisationen und Medien, auch durch einen freien, uneingeschränkten und kostenlosen Zugang zu Bildung und Wissen ergänzt werden.

Transparenz, Datenschutz, und Privatsphäre.

Wir müssen die Transparenz bei denjenigen erhöhen, die durch Amt, Mandat oder große wirtschaftliche Macht politische Entscheidungen über andere fällen können. Und den Datenschutz verstärken bei denjenigen, über die Entscheidungen gefällt werden. Der Schutz der Privatsphäre ist Menschenrecht und gilt für jeden Menschen. Weil den Begriff manche Politiker in der aktuellen Debatte aber anscheinend missverstehen: Die Privatsphäre schließt politische Kontakte, Einflussnahme, Finanzierung, Entscheidungsfindung und Beschlussfassung im Rahmen der Amts- und Mandatsträger-Tätigkeit oder Tätigkeit großer wirtschaftlicher Macht nicht mit ein. Stattdessen gilt für jeden Menschen: Stärksten — und unverletzlichen Schutz — innerhalb der Privatsphäre eines jeden Menschen haben die eigenen Gedanken und der eigene Körper, das Leben mit Familie und Freunden, die persönliche Wohnung und die persönlichen Daten und Computer.

Kulturwandel zu Verständnis und Aufklärung in der Politik.

Nicht Transparenz lässt das Misstrauen der Bürger in die Politik ansteigen, sondern unethisches Verhalten, Korruption, Lobbyismus und Intransparenz. Nicht der Botschafter ist das Problem, sondern die Botschaft. Transparenz nützt auch nur kurzfristig dem politischen Gegner. Die Wählenden würden sehr wohl unterscheiden können zwischen Fehlern, die sie verzeihen wollen, und Positionen und Entscheidungen, die sie aufgrund des Mehrwissens durch Transparenz ablehnen wollen. Diese Unterscheidung, die nur bei Zugang zu Wissen und Transparenz möglich ist, nenne ich eine Kultur des Verständnisses. Langfristig werden nur noch die Politiker und Parteien von Menschen unterstützt werden, die die Menschen vollständig als mündige und kritische Bürger ansehen, sie mitwissen und mitentscheiden, sie echt partizipieren lassen. Nur solche Bewegungen werden politisch Bestand haben. Eine Kultur der „Präventivkraft des Nichtwissens“, die bei allen alten politischen Parteien leider weit verbreitet ist und leider sogar bei einigen Einzelpositionen innerhalb der Piratenpartei vorkommt (Stuttgarter Zeitung-Interview mit Piraten-Bundesvorsitzendem BuBernd, 26. Juni 2012), steht einer emanzipatorischen, demokratischen Kultur der Aufklärung entgegen, die wir wollen, und in der gilt: Hinterfrage Autoritäten. Wage es, selbst zu wissen. Wage es, selbst zu denken!


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